Vor einigen Jahren noch konnte man Wattmessgeräte nur vereinzelt an Triathlon-Rädern sehen und da großteils nur bei den Profi-Athleten.
Inzwischen sieht man diese auch schon recht verbreitet bei den Agegroup-Athleten.
Damit diese Geräte aber nicht nur teure Spielzeuge sind, muss man wissen, wie man richtig damit arbeitet.
In diesem Artikel möchte ich euch eine kurze Einführung geben, wie ihr eure Wattmessgeräte effektiv zur Steigerung der Trainingsqualität nutzen könnt und auch wie man sie für Rennen einsetzt.

Zuerst ist es mal wichtig, die persönlichen Schwellenwerte bzw. Trainingsbereiche zu kennen. Eine Möglichkeit ist es, diese im Zuge einer Leitungsdiagnostik ermitteln zu lassen.
Mit einem Wattmessgerät kann man dies aber auch ganz einfach selber machen. Dies geschieht im Zuge eines FTP-Tests. FTP steht dabei für Functional Threshold Power (Funktionsleistungsschwelle). Diese ist, als die höchste Leistung, welche ein Fahrer eine Stunde lang durchgängig halten kann, definiert.

Testablauf:

20 Minuten lockeres Einfahren
3 x 1 Minute fahren mit hoher Trittfrequenz (>100) mit jeweils einer Minute lockeres Rollen als Erholung dazwischen
5 Minuten lockeres Fahren
5 Minuten schnelles Fahren
10 Minuten lockeres Fahren
20 Minuten mit maximaler Leistung. Dabei versuchen, dass diese relativ konstant ist. Also nicht zu schnell beginnen! Diese 20 Minuten als Runde aufzeichnen! Die Strecke für diesen Abschnitt sollte so gewählt werden, dass es keine Unterbrechungen durch Kreuzungen oder Abfahrten gibt. Ideal ist eine flache bis leicht steigende Strecke. Es sollte auch bei jedem weiteren Test immer dieselbe Strecke dafür gewählt werden.
15 Minuten lockeres Ausfahren

Nun werden von der Durchschnittsleistung der 20 Minuten mit maximalem Tempo 5 Prozent abgezogen. Die somit errechnete Zahl ist die Funktionsleistungsschwelle.
Ein Beispiel: Angenommen, die Durchschnittsleistung war bei 300 Watt. Man rechnet ganz einfach 300 x 0,95 = 285. Die FTP liegt somit bei 285 Watt.

Mit diesem Wert kann man jetzt seine Trainingsbereiche ermitteln.
Folgende Bereiche basieren auf den Vorgaben von Hunter Allen und Dr. Andrew Coggan.

Aktive Regeneration:  < 55 % von FTP (Beispiel: 285 Watt 0,55 = 157 Watt)
Ausdauer: 56 % -75 % von FTP
Tempo: 76 % – 90 % von FTP
Laktatschwelle: 91 % – 105 % von FTP
VO2max: 106 % – 120 % von FTP
Anaerobe Kapazität: 121 % – 150 %

Da die viele von euch wahrscheinlich mit den Trainingsbereichen REG, GAL, G1, G2, EB, SB arbeiten, empfehle ich euch folgende Prozentbereiche dafür zu verwenden:

REG: < 55 %
GAL: 56 % – 70%
G1: 71 % – 76 %
G2: 77 % – 90 %
EB1: 91 % – 100 %
EB2: 100 % – 105 %
SB: 106 % – max.

Wenn ihr beginnt mit einem Wattmessgerät zu trainieren, werdet ihr recht schnell merken, dass die Wattzahl während einer Fahrt starken Schwankungen unterliegt.
Daher empfehle ich, dass ihr euren Radcomputer oder Uhr so einstellt, dass euch die Durchschnittswatt der letzten 5 oder 10 Sekunden anzeigt werden. So sind die Sprünge der angezeigten Wattzahl während der Fahrt nicht mehr so hoch. Allerdings muss man sich dann auch bewusst sein, dass die angezeigte Leistung auch immer ein wenig hinterher hinkt. Also Vorsicht, wenn ihr in Anstiege fährt oder ein Intervall beginnt! Die Wattzahl ist dann erst nach ein paar Sekunden aussagekräftig.

Damit kommen wir aber auch schon zu den Vorteilen des wattgesteuerten Trainings.
Während die Herzfrequenz von vielen Faktoren (Temperatur, Flüssigkeitshaushalt, Stress, usw.) abhängt und dadurch starken Schwankungen unterliegt, zeigt euch euer Wattmessgerät immer die tatsächliche momentane Arbeit. So könnt ihr vermeiden, dass ihr an Tagen an denen die Herzfrequenz tendenziell tief ist, zu intensiv trainiert und an Tagen, an denen die Herzfrequenz zu hoch ist, zu locker trainiert.
Damit erreicht ihr schon mal eine deutliche Steigerung eurer Trainingsqualität.

Ein weiterer deutlicher Vorteil liegt darin, dass man mit Wattmessgeräte Intervalle von Anfang bis Ende genau in jenem Leistungs- bzw. Trainings-Bereich fahren kann, der als Trainingsziel vorgegeben ist.
Ein Beispiel: Trainingsziel sind 5 Minuten-Intervalle im EB-Bereich.
Würdet ihr auf eure Herzfrequenz achten, würdet ihr mit großer Wahrscheinlichkeit zu intensiv beginnen, da der Puls eine gewisse Zeit braucht, bis er im gewünschten Bereich ist und ihr noch erholt seid. Gegen Ende dieser 5 Minuten kann es sein, dass ihr dann weniger Watt als nötig fahren würdet. Grund dafür ist, dass eure Herzfrequenz bereits den Bereich erreicht hat und ihr durch die Ermüdung nicht mehr so stark in die Pedale tretet.
Achtet ihr in diesen 5 Minuten auf eure Wattzahl, könnt ihr von Anfang bis Ende genau jene Leistung erbringen, welche für den gewünschten Trainingseffekt nötig ist.

Auch bei Grundlagenausfahrten kann man somit genau mit jener Leistung fahren die gefordert ist. So vermeidet man Anstiege zu intensiv zu fahren und gegen Ende längerer Ausfahrten zu locker zu fahren.

Mit welcher Durchschnitts-Leistung solltet ihr jetzt in Rennen fahren?
Hier Vorgaben anhand der Empfehlung von  Hunter Allen und Dr. Andrew Coggan.
Diese sind natürlich nur Vorschläge und müssen nicht genau für jeden Athleten passen. Daher vor Wettkämpfen unbedingt Testfahrten durchführen. Nach einigen Rennen kann man seine persönlichen Bereiche schon recht gut abschätzen.

Sprintdistanz: ca. 100% von FTP
Olympische Distanz: ca. 95% von FTP
Mitteldistanz: 80 % – 85 % von FTP
Langdistanz: 68 % – 78 % von FTP

Dies ist mal ein ganz grober Überblick, wie man sein Wattmessgerät gezielt zur Trainingssteuerung und im Wettkampf nutzen kann.
Natürlich gibt es da noch viele weitere Möglichkeiten das Training durch wattgesteuertes Training zu optimieren. Und auch die Interpretation bzw. Analyse von Trainings und Wettkampfdaten helfen dabei, das Training in die richtige Richtung zu führen.
Mit den “Hilfsmitteln“ wie Training Stress Core, Normalized Power, Intensity Factor, uvm. welche ein Wattmessgerät liefert, kann man eine weitere Feinabstimmung von Training und Wettkampf erreichen.
Solltet ihr interessiert daran sein mehr über wattgesteuertes Training zu erfahren, kann ich euch das Buch “Wattmessung im Radsport und Triathlon“ von Hunter Allen und Dr. Andrew Coggan empfehlen. Darin erfährt ihr alles was es über Wattmessgeräte und deren effektiven Nutzung zu wissen gibt.